Die Light-Klasse
Leichtmotoren-E-MTBs: Specialized vs. Nox im Test-Duell
in Test
E-MTB-Hybrid? Light-E-MTB? Diese Bezeichnungen meinen dasselbe: Eine neue Art von E-MTB für sportlich Ambitionierte, die großen Wert auf ein leichtes Rad mit weniger kraftstrotzendem Motor legen, dessen natürliche Fahrcharakteristik stark am „Bio“-Mountainbike orientiert ist. Leichtmotoren-E-MTBs. Um ein deutlich leichteres E-MTB zu realisieren, bediente sich in jüngster Vergangenheit bereits Lapierre der leichten Evation-Antriebseinheit von Fazua. Auch dank kleinerem, 1,38 Kilo leichtem 252-Wh-Akku reduziert der bayerische E-Leichtantrieb das Gesamtgewicht eines Bikes.
Specialized Turbo Levo SL mit 1,95-Kilo-Leichtmotor
In Gestalt des Turbo Levo SL von Specialized haben die leichten E-MTBs mit Fazua-Antrieb Konkurrenz bekommen. Specialized hat keine Mühen gescheut, sein neues Leichtmotoren-E-MTB konsequent umzusetzen. Den, dank Magnesiumgehäuse auf 1,95 Kilo getrimmten, Motor hat man selbst entwickelt. Der Philosophie für ein dezenter unterstützendes E-MTB-Aggregat folgend, bringt der SL-1.1-Leichtmotor 35 Nm maximales Drehmoment an den Start.
Die Fahrerleistung verstärkt er ums Zweifache und liefert dazu eine Spitzen-Motorleistung von 240 Watt (das Turbo Levo hat 565 Watt Motor-Spitzenleistung). Mit den Motormodi Eco, Trail und Turbo stattet das Turbo Levo SL E-Biker aus, angesteuert per kompakten Motorbedienheit am Lenker.
In puncto Display übt sich das Levo SL im Verzicht: Das TCU-Kontrollzentrum auf dem Oberrohr informiert via grün und blau leuchtender Balken über den Akkustand. Durch Koppelung der Mission-Control-App (iOS, Android) mit der TCU-Kontrolleinheit lässt sich die Leistungsabgabe des Motors in den drei Motormodi individuell anpassen.
Clever: Die App wartet mit einer „Smart Control“-Funktion auf, bei der man die Tourlänge sowie die zu verbleibende Restakkuladung bei Tourende festlegt. Entsprechend steuert die App Batteriemanagement und Motormodi automatisch. Im Sinne geringsten Gewichts ist der 320-Wh-Akku konsequent im Unterrohr integriert, weshalb er, ohne zuvor den Motor zu demontieren, nicht zum Laden entnommen werden kann. Den 160-Wh-Zweitakku im Flaschenhalter gibt’s als Zubehör.
Leichtmotoren-E-MTB von Specialized: Nobles Vollcarbonchassis
Die geballte Technik des Turbo Levo ist – ebenso wie beim Kontrahenten Nox mit Fazua-Antrieb – optisch schlank verpackt. Fast entgeht dem flüchtigeren Blick, dass man es hier mit zwei E-MTBs zu tun hat.
Hochwertig gearbeitet, verzückt der Vollcarbonrahmen des Turbo Levo SL: Zusammen mit den leichten Roval-Carbonfelgen trägt er einen gut Teil zum geringen Gesamtgewicht von nur 18,6 Kilo bei.
Nox Helium: Leichtmotoren-Konkurrenz aus Berlin mit Fazua
Bei 19,3 Kilo stoppt die Waage beim Nox Helium, womit der Berliner Duellgegner gewichtstechnisch nicht allzu weit hinter der Konkurrenz aus Kalifornien zurückliegt. Nox setzt einen klasse verarbeiteten Carbon-Hauptrahmen ein und kombiniert diesen für hohe Verwindungssteifigkeit mit einem in gekanteten Rohrprofilen gezeichneten Alu-Hinterbau.
Der Fazua-Motor weiß sich dank des Kompaktdesigns diskret in den schnittigen Look des Helium zu integrieren. Nur 4,6 Kilo legt der E-Antrieb auf die Waage. Das beinhaltet die Motor-Akkueinheit mit 252-Wh-Akku sowie die kleine Tretlagereinheit mit beidseitiger Drehmoment- und Kadenzmessung, die mit bis zu 55 Nm Drehmoment die Muskelarbeit unterstützt.
Weiteres Highlight des Fazua-Antriebs: Die ganze Akku-/Motoreinheit lässt sich fix demontieren, womit das Nox auch als pures Mountainbike fungiert! Ein zweiter Akku kann leicht im Rucksack mitgeführt werden. Fazuas Smartphone-App (iOS, Android) bietet etwa eine Tracking-Funktion und informiert über die Restreichweite.
Ungewohnt, jedoch erfrischend
Rein in den Anstieg! Am Specialized-Volant genießt man eine angenehm sportliche Sitzposition, wird gut „ins Bike“ gesetzt. War die Eco-Fahrstufe bei soften Anstiegen ausreichend, bedarf es des mittleren Trail-Modus, um das Turbo Levo SL mit Schwung über steilere Uphills zu treten, die das Klettern erschweren. Hier spürt sich der Motor dezent druckvoll an, hält das – dank niedrigem Gewicht – agile Handling den Fahrspaß hoch.
Noch mal deutlich spritziger agiert die Turbo-Stufe, mit der man lange, ruppige Anstiege entschärft. Anfangs gewöhnungsbedürftig ist am Levo SL, ebenso wie beim Fazua-Aggregat des Nox, die sportlich forderndere Anstrengung, „auf Zug“ knackige Steilanstiege zu erklettern.
Leichtmotoren drängen sich nicht auf
Beide Antriebe drängen ihre Power nicht auf: Als Fahrer gibt man den Ton an, erlebt ein stark natürliches Fahrgefühl. Erlebte das Testteam den Fazua-Antrieb mit alter Motorsoftware als enttäuschend, weil nur in der höchsten Fahrstufe „Rocket“ halbwegs solide Leistung liefernd, überzeugte der Motor mit neuer, aufgespielter Black-Pepper-Software (kostenlos via Fazua-Website) mit feiner Spritzigkeit, ähnlich der des Specialized.
Allein an fiesen Rampen bringt man per „neuem“ Fazua Evation sogar etwas mehr Druck aufs Pedal. Die Sitzposition erlebten die Tester auch am Nox als sehr gelungen: Der Pedaldruck ist satt, der Vortrieb hoch. Per langem Hauptrahmen sitzt sich das Bike sportlicher als das Levo SL.
Agiles E-All-Mountain vs. (Leicht-)Enduro
So ähnlich sich beide Motoren auch in ihrer Eigenschaft sind, über einen großen Trittfrequenzbereich wertvolle Leistung homogen abzurufen, so verschieden sind das Nox und Specialized charakterlich. Generiert das Levo SL dank kurzer 437er-Kettenstreben und einem Grad steiler stehenden Lenkwinkel beim beherzten Trailtango (gern auch in steilem Gefälle!) viel Spaß, fehlt es ihm in Highspeed-Downhills auf ruppigem Untergrund an Fahrwerksreserven und Laufruhe.
Auf schnellen Downhills hingegen glänzt das Nox mit völliger Unerschrockenheit, bleibt leicht beherrschbar (65°-LW). Selbst wenn die gute 150-mm-Pike mit der Tempopotenz des Bikes überfordert ist. Top: Per kleinerer 27.5“-Laufräder flegelt das Nox zugleich durch enge Kurven. Auf sehr hohem Niveau bewegen sich beide Bikes, wobei das Specialized mit top Bedieneinheit und tollem Akkusystem punktet.
Leichtmotoren-E-MTBs: Specialized vs. Nox im Vergleichstest – Fazit
Haben E-MTBs mit Leichtmotoren ihren Sinn? Ja, etwa für sportive Fahrer, die weiterhin auch per „Bio“-MTB unterwegs sind und ein E-MTB mit weniger Power für ein natürliches Fahrgefühl suchen.
Spaß machen Bikes à la Nox und Specialized auch auf Partnertouren, bei denen der konditionell Schwächere ein E-MTB, der Stärkere ein Bike mit Leichtmotor fährt, um an heftigen Uphills nicht, wie beim „Bio“-MTB der Fall, den stärker motorisierten Biker aus den Augen zu verlieren.
Auch die Reichweite von Nox und Specialized macht Lust auf mehr Touren damit: 650 hm ließen sich mit dem 252-Wh-Akku am Nox zurücklegen, rund 1300 hm mit dem 480-Wh-Doppelakku des Specialized.
Specialized Turbo Levo SL Expert Carbon: Ausstattung und Preis
Preis: 8699 Euro
Rahmen
Material/Größen | Carbon/S, M, L, XL |
Gewicht (ohne Pedale) | 18,6 kg |
Zulässiges maximales Gesamtgewicht | 128 kg |
Federung
Gabel | Fox 34 Float Performance Grip, 150 mm |
Federbein | Fox Float Evol Perform., 150 mm |
Antrieb & Bremsen
Schaltung | Sram GX Eagle, 1 x 12 |
Schalthebel | Sram GX Eagle |
Kurbel | Praxis |
Bremsen | Sram G2 RSC, 4-Kolb. (200/180 mm) |
Laufräder
Naben/Felgen | DT 370/Roval Traverse Carbon |
Reifen v/h | Specialized Butcher Grid Trail, 29“ x 2.3“/Eliminator Grid Trail, 29“ x 2.3“ |
Parts
Lenker | Specialized Trail, 780 mm |
Vorbau | Specialized Trail, 50 mm |
Stütze | X-Fusion Manic, Hub: 150 mm |
Sattel | Specialized Bridge Comp |
Antrieb
Motorhersteller | Specialized |
Modell | SL 1.1 (240 Watt) |
Maximaler Drehmoment | 35 Nm |
Akku: Specialized SL 1-320 (320 Wh/480 Wh)
Schiebehilfe? Ja
Specialized Turbo Levo SL Expert Carbon: Wertung
- Handling: 5 / 5
- Uphill: 5 / 5
- Downhill schnell: 4 / 5
- Downhill technisch: 5 / 5
- Tour: 5 / 5
- Ausstattung: 4 / 5
- Preis/Leistung: 4 / 5
Nox Helium 5.9 All-Mountain Expert: Ausstattung und Preis
Preis: 5999 Euro
Rahmen
Material/Größen | Carbon, Alu/M, L |
Gewicht (ohne Pedale) | 19,3 kg |
Zulässiges maximales Gesamtgewicht | 130 kg |
Federung
Gabel | Rock Shox Pike Select, 150 mm |
Federbein | Rock Sh. Super Del. Sel. R, 150 mm |
Antrieb & Bremsen
Schaltung | Sram GX Eagle, 1 x 12 |
Schalthebel | Sram GX Eagle |
Kurbel | Sram EX1 E-Crank |
Bremsen | Magura MT5 HC, 4-K. (203/203 mm) |
Laufräder
Naben/Felgen | DT Swiss H 1900 Spline |
Reifen v/h | Continental Baron Projekt, Protection Apex, 27.5“ x 2.4“ |
Parts
Lenker | Nox Components 35 Riserbar, 800 mm |
Vorbau | Nox Components 35 Stem, 55 mm |
Stütze | Rock Shox Reverb St., Hub: 175 mm |
Sattel | Prologo Proxim W450 |
Antrieb
Motorhersteller | Fazua |
Modell | Evation 1.0 (250 Watt) |
Maximaler Drehmoment | 55 Nm |
Akku: Fazua 7000 Evation (252 Wh)
Schiebehilfe? Ja
Mehr Informationen zum Nox Helium 5.9 All-Mountain Expert finden Sie auf der Nox-Website.
Nox Helium 5.9 All-Mountain Expert: Wertung
- Handling: 5 / 5
- Uphill: 5 / 5
- Downhill schnell: 5 / 5
- Downhill technisch: 5 / 5
- Tour: 4 / 5
- Ausstattung: 4 / 5
- Preis/Leistung: 4 / 5